Maurice Ohana (1913-1992):

Avoaha

Allgemeine Angaben zum Oratorium

Anlass: Olympische Winterspiele von Albertville
Entstehungszeit: 1991
Uraufführung: 1992 in Aix-les-Bains (unter Kent Nagano)
Besetzung: 12 Solisten, Chor, 2 Klaviere und 3 Schlagzeuge
Spieldauer: ca. 30 Minuten

Zum Oratorium

Art: Oratorium in zwölf Abschnitten
Libretto: Zitate und Poesie vom Komponisten ausgewählt (afrikanische Texte in Zusammenarbeit mit einem Ethnologen)

Handlung

I. IYA-NGÔ (Appel)
Mise en condition des participants
(Vorbereitung der Teilnehmer)

II. IGVODOU
Cérémonie sacrificielle connue dans toutes les Antilles
(Opferzeremonie auf den Antillen)

III. À YEMAYA
Ladéesse bleue qui régne sur la mer et les eaux
(Die blaue Göttin, Herrin der Meere und Gewässer)

IV. REFRAIN D’ESCLAVES clamant leur faim à leurs gardiens
(Refrain der Sklaven, die den Aufseher ihren Hunger entgegen schreien)

V. IYA
La Mère universelle
(Die Allmutter)

«Mother sanctified, O black Virgin Mary
We want your blessing, O Mary,
Virgin Mother of all life.»

VI. ÉROS NOIR
Rumba et Alleluya
(Rumba und Alleluja)

VII. CONDUCTUTS
La Prophétie de Sénèque
(Die Weissagung Senecas)

«Venient annis saecula seris quibus oceanus
vincula rerum laxet ingens, te pateat tellus
Thetys que novos deteget orbes. »

(Dereinst in vielen Jahren wird eine Zeit kommen, da wird der unermessliche Ozean die Ketten aller Dinge zerbrechen; ein Land wird vor Deinen Augen erscheinen und Thetis wird dich neue Welten entdecken lassen.)

VIII. AUX DIEUX DU VENT ET DE LA FOURDE
(Den Göttern des Windes und des Donners)

IX. IMPRÉCATIONS au Dieu Changó, sourd aux sortilèges
(Verwünschungen des Gottes Changó, der unempfindlich ist gegen Zauberei)

X. ÉLOGE DES HÉROES ET ANCÊTRES
(Lobpreis der Heroen und der Ahnen)

XI. TIGER MOON
Paysage nocturne du rite
(Nächtlicher Schauplatz des Ritus)

XII. EL DORADO
Envoi à la Reine Isabelle
Concluant sur un »Gospel Song« a cappella, Résumé de l’auvrage entier

(Widmung an Königin Isabella mit einem a cappella gesungenen «Gospel-Song», Zusammenfassung des gesamten Werks)

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Isla de luz y oro,
La tierra mas homosa que ojos hayan visto
ya cielos de oro y noche
Tierra de luz – sueño
Tierra de luz y oro
Amor sueño Isabel EL DORADO.

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God, O Lord, you’ve seen it all
God, we ain' t no slaves, just human folk.

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O my crazy forgotten land
Land of promised joy.
When I dream of you
my dark blood chants.

Beschreibung

Avoaha ist eine der zahlreichen afro-kubanischen Riten und bezeichnet das Ritual des Kampfes. In dem Vokalwerk von Ohana überschneiden sich unterschiedliche Kulturkreise, unabhängig von Ort und Zeit, wie es die Benennung der einzelnen Sätze auch erkennen lässt. Ein breites Spektrum von Verhaltensmustern wie Beschwören, Anbeten, Klagen, Preisen, Bitten und Gewähren bilden dem Komponisten ein Fundament, um Klangtableaus von hoher poetischer Kraft zu schaffen. Ein Chor von 36-48 Stimmen trägt die klar definierten Abläufe in unterschiedlichen Sprachen vor und wird dabei von Schlagzeug und zwei Klavieren eindrucksvoll begleitet; hinzu kommen noch die Orgel und ein Zupfinstrument.

Die afrikanischen Sprachen können nur phonetisch und vokalisierend wahrgenommen werden. Der Ethnologe, welcher die Texte bereitstellte, machte zur Bedingungen, dass der Komponist über den Inhalt Stillschweigen bewahren soll, weil es sich um sakrale Texte handele.

Das Oratorium steht am Ende der Schaffensperiode des Franzosen marokkanischer Geburt. Es ist ein Bekenntnis der menschlichen Werte, die Maurice Ohana vertritt. Obwohl das Werk in atonaler Tonsprache komponiert ist, gelingt es Maurice Ohana, sich einem breiten Kreis verständlich zu machen. Wegen seines Wohlklanges und seiner Kürze eignet sich das Oratorium zum Einsteigen in die modernen Klangwelten der Gegenwart.


Letzte Änderung am 16.11.2009
Beitrag von Engelbert Hellen