Manuel de Falla (1876-1946):

Atlántida

deutsch Atlantis / englisch Atlantis / französisch Atlantide

Allgemeine Angaben zum Oratorium

Entstehungszeit: 1928-46
Uraufführung: 24. November 1961 in Barcelona (konzertant)
18. Juni 1962 in Mailand (Teatro alla Scala)
Besetzung: Soli, 2 Chöre und Orchester
Bemerkung: von Ernesto Halffter vollendet

Zum Oratorium

Art: Opern-Oratorium in einem Prolog und drei Teilen
Libretto: Juan Verdaguer nach dem unvollendeten Gedicht von Jacint Verdaguer i Santaló, in Ergänzung des Textes „Spiele der Plejaden“ von Joseph Maria de Sagarra
Sprache: katalanisch
deutsch von Rudolf Hagelstange
Ort: Spanien und Atlantik
Zeit: in legenderer Zeit und zu Ende des 15. Jahrhunderts

Personen der Handlung

Königin Isabella: (Sopran)
Königin Pirene: (Mezzosopran)
Erzengel: (Tenor)
Eine Hofdame: (Sopran)
Ein Page: Sopran
Die sieben Plejaden: Maia, Arethusa, Caleno, Eritheia, Elektra, Hesperethusa, Alkyone
Geryones: ein dreiköpfiger Drache (Bass und zweimal Tenor)

Handlung

Prolog:

DAS VERSUNKENE ATLANTIS

Es erscheint ein Erzähler mit einem bewusstlosen Jungen auf dem Arm. Der Zuschauer erkennt als Hintergrund ein halbversunkenes Schiff und ein vom Sturm aufgewühltes Meer. Die Bühnentechnik macht das Wasser durchsichtig, und die Vision der einst versunkenen Stadt Atlantis taucht auf. Man sieht kolossale Statuen, gestürzte Säulen und versteinerte exotische Blumen.

Der Garten der Hesperiden wird mit dem untergegangenen Atlantis gleichgesetzt. Ein erzählender Chor stellt die Verbindung zum Publikum her und berichtet von dem, was vorgefallen war. Einst haben Titanen gekämpft, und blühende Städte gab es hier. Die jungen Mädchen haben gesungen, und die Nachtigall hat geschlagen. Jetzt schreien Robben am Felsen um die Wette, und Algen überwuchern der Lämmer grünes Tal.

Plötzlich wird zwischen den Meereswellen der Riese Atlas sichtbar, der den Globus auf seinen Schultern trägt. Der Erzähler berichtet, dass es ein Donnergetöse gab und eine Explosion die Knochen der Stadt zermalmte und dass eine Welt versank.

Atlantis und der Riese sind dem Auge des Betrachters entschwunden, aber der Chor hat sich noch nicht beruhigt und schwebt in Angst und Sorge: Mit seiner schweren Hand fuhr der Allmächtige nieder, und mit einem einzigen Schluck verschlang das Meer das ganze Land. Wer wird die Wiege der iberischen Völker retten?

HYMNUS HISPANICUS

Anschließend singt der Chor eine Hymne auf Spanien und vergleicht es mit Homers Elysium und Salomos Ophir.

1. Teil:

DER BRAND DER PYRENÄEN

Erzähler und erzählender Chor wechseln sich in der Berichterstattung ab. Während der Erzähler eher auf den erwachten Jungen fixiert ist, wendet sich der Chor ans Publikum.

Zur Zeit, als Herakles den Raum der Erde durchstreifte und seine schwere Keule bald hier und bald dort niedersausen ließ, unterstütze er auch die Götter gegen die Schrecken der frevelnden Giganten. Bei dieser Gelegenheit gingen die Wälder in Flammen auf, so wie es in heutiger Zeit auch immer wieder passiert. Der Brand prasselte, und von Ronceval bis Asturien ergoss sich ein Feuerstrom. Nichts hielt die Lava auf, nicht Berg noch Tal. Gleich einer Riesenschlange im brennenden Kleide schiebt sie sich durch Spaniens Norden und reicht von Meer zu Meer, kohlende Stoppeln hinter sich lassend. Aus der Tiefe steigen die wilden Pyrenäen auf.

Es sind aber nicht nur die wilden Naturgewalten, die rebellieren, sondern Herakles muss Obacht geben. Die Giganten versuchen nämlich in der Nähe eines Rosengartens den Göttergünstling mit Steinen zu erschlagen, und fast hätten sie es geschafft. Dann griff der streitbare Held zur Keule und streckte die Giganten kurzerhand nieder. Diese hatten vorher keine Gelegenheit mehr, sich zu wundern.

Jetzt ist es an der Zeit, damit das Publikum den hehren Herakles zu Gesicht bekommt. Man sieht, wie er durch das Flammenmeer läuft, denn er hat lautes Weinen gehört. Es ist Königin Pirene, die von Flammen eingeschlossen unter Schockeinwirkung steht. Herakles trägt sie durch das Flammenmeer ins Freie und bettet sie unter eine Weide.

DER TOD DER PIRENE

Der Chor verschwindet, weil er stört, und Pirene erhebt ihre wohlklingende Altstimme, um ihre Erbschaftsangelegenheiten zu regeln. Sie weiß, dass sie sterben muss, doch ihn, der sie unter den Flügeln seines Herzens untergebracht hat, gibt sie ihre Liebe und das Zepter vom schönen Spanien, welches einst ihrem Vater Tubal gehört hat. Der Letztgenannte ist vom Thron gestürzt, was die Sonne veranlasste, ihr Licht zu verbergen. Schuld an allem Übel ist der böse Geryon, ein Unhold mit drei Köpfen, eines der allerscheußlichsten Monstren überhaupt. Zuerst hat es das sonnendurchglühte Libyen geboren und dann hat der Machtgierige das Zepter an sich gerissen, welches eigentlich ihr, Pirene, gehört. Um ihr Lebenslicht auszulöschen, legte er die Waldbrände und trieb die Hammelherden nach Gades (Cadix). Herakles soll jetzt schauen, dass er dem Ungeheuer das Geraubte wieder abjagt, denn alles soll ihm gehören. Die Krone von Spanien darf er sich auf den Kopf setzen, und der Herr des Himmels wird ihm seinen Schutz und reichhaltige Nachkommenschaft verleihen.

Pirene stirbt, und Herakles weint. Der erzählende Chor ist wieder zur Stelle und beschreibt die Situation folgendermaßen: Der Tod mit seinem kalten Kusse kam herbei und Pirene versteinerte. Tatsächlich, ihr Mund verstummte für immer. Herakles wehrte nicht dem salzigen Tränenflusse, und er ächzte wie ein Blütenbaum, den der Hagel wund schlug.

HYMNE AN BARCELONA

Herakles baut für Pirene ein schönes Mausoleum und gründet anschließend Barcelona. Die Stadt wird Herakles edelstes Kind. Neptun und Jupiter sind auf seiner Seite. Im Bedarfsfall darf er sich den Dreizack und den Blitz ausleihen.

HERAKLES UND DER DREIKÖPFIGE Geryones

Jetzt wird Geryones gejagt! Herakles steigt herab vom Berg Montjuich, auf dem sich inmitten schöner Parkanlagen seine Heimstatt befindet. Mit dem Schiff segelt er über das silberglänzende Meer nach Cadix, wo das Ungeheuer wohnt. Herakles schwingt seine gewaltige Keule über seinem Kopf, zunächst nur als Drohgebärde gedacht. Der Unhold knickt ein und ist völlig verstört. Er fällt auf die Knie und hält um gutes Wetter an.

Der Adler der Helden soll die Träne sehen, die er weint. Soll die nächste seiner Taten etwa seinem Tod gelten? Zuversichtlich hofft er, dass die Hand, die er verehrt, sich nicht gegen ihn erhebt. Reich und Krone wird er dem Sieger gern überlassen. Das Diadem wird allerdings für sein mächtiges Haupt ein wenig zu klein sein. Sieht er nicht gegenüber das strahlende Atlantis liegen? Dieses Land ist seiner würdig, denn es ist groß und mächtig wie er selbst. Atlas, sein König, ahnte bereits den verhängnisvollen Besuch aus dem östlichen Mittelmeer. Er weilt nicht mehr unter den Lebenden.

Nun gibt Geryones exakte Anleitung, wie der Abenteuerlustige vorgehen soll. Wenn er die Krone gewinnen will, muss er sich auf Zehenspitzen einem Orangenbaum nähern und eine rötlich-goldene Frucht abpflücken. Die Blätter ringsum bestehen übrigens aus leuchtenden Smaragden. Wenn ihm die Tat gelingt, hält selbst der Sonnenwagen an, um seine Kühnheit zu bewundern.

Der erste Teil schließt mit dem CÁNTICA A L'ATLÁNTIDA.

2. Teil:

DER GARTEN DER HESPERIDEN

Von Blütenlust bedrängt neigen Zitronenbäume ihre Zweige, und Zimtbäume versprühen ihren intensiven Duft. Herakles hat bald herausgefunden, an welchem Ort sich der Garten befindet, in welchem der verheißungsvolle Apfelsinenbaum stehen soll. Im Gelände gibt es außerdem noch Äpfel und Kirschen, und jubelnd im Sprung bricht der Eindringling die Früchte aus den Zweigen. Nicht übermäßig mit Intelligenz ausgestattet, ahnt der Leichtfertige nicht, welche Falle Geryones ihm gestellt hat.

Als Erläuterung für den Konzertbesucher sei eingefügt, dass die Erdmutter Gäa als Geschenk zur Hochzeit von Zeus und Hera den Baum hat wachsen lassen. Die seltenen Früchte haben die Eigenschaft, ewige Jugend zu verleihen und sind daher den Göttern besonders wertvoll. Damit unbefugterweise von der Zucht niemand stiehlt, wird der Baum von einem Drachen bewacht. Den Nymphen, die gern um den Baum herumtanzen, fügt der Wurm aber kein Leid zu. Die sieben Damen nennen sich Hesperiden, gehören zur Gruppe der Plejaden und sind die Töchter von König Atlas. Von der Mutter fehlt jede Spur.

DIE SPIELE DER PLEJADEN

Die schönen Goldorangen, wie erfreuen sie das Herz der Hesperiden! Früchte von Gold, Früchte von Edelstein! Süße Früchte, Orangen der Liebe! Sie Sommersonne lacht heiter herab. Die Schwestern sollen singen und den Fuß zum Tanz heben. Die Liebe kommt über Nacht und lässt sich im Herzen nieder. Wirklich, die Mädchen haben nichts anderes im Kopf als die Liebe.

Die sieben Schwestern blicken auf, als ein hochgewachsener breitschultriger Mann den Garten betritt. Ob es der Held ist, dessen Ankunft der sterbende Vater geweissagt hat? Der Drache ist aus seinem Halbschlummer erwacht und setzt sich in Bewegung.

HERAKLES UND DER DRACHE

Zu Tode erschrocken erklettert der Held den Orangenbaum und versucht, die Krone zu erreichen. Weit kommt er nicht, denn der Wächter des Baumes vereitelt das Vorhaben. Drohend reckt er gleich einer Lanze seinen Schweif und umklammert damit den Baumstamm. Diesen schüttelt er so heftig, dass Herakles herunterpurzelt. Jedoch hält der morsche Stamm der Attacke nicht stand und zerspringt in Stücke. Der Grieche ist achtsam, blitzschnell spaltet er im Fall mit einem gewaltigen Hieb dem Untier den Schädel. Das Vieh krepiert, giftiger Geifer strömt aus seinem Rachen und besudelt den Blumenflor. Die kostbaren Südfrüchte liegen im Sud und sind für den Verzehr nicht mehr geeignet.

KLAGE UND TOD DER PLEJADEN

Mit weit geöffneten Augen verfolgen die Schwestern das unglaubliche Geschehen. Nun jeglicher Lebensqualität beraubt und der Situation psychisch und physisch nicht gewachsen, steigen sie zum Himmel auf und verwandelt sich in Sterne. Die Weissagung des Vaters ist in Erfüllung gegangen. Der Chor kann es nicht fassen und befürchtet, dass des jungen Tages Leuchten morgen keiner mehr sehen wird. Dahingerafft neben dem auf unkonventionelle Weise gekappten Orangenbaum liegen die toten Körper der Hesperiden, der Verwesung preisgegeben. Doch in Sternenschrift gesetzt, steht ihr Name bereits für alle Zeiten am Himmel.

DIE ANKUNFT DES HERAKLES IN GADES

Beschwerlich ist der Weg zurück nach Gades, doch bald erblickt er das zyklopische Gemäuer, und der Held kann im Schatten der Palmen ein wenig rasten. Vom Baum der Hesperiden hat er einen Ableger mitgebracht und pflanzt den Setzling in den Boden. Er hofft, dass er eines Tages mit Smaragden bestückt hoch aufschießen wird, doch der Chor berichtet, dass ein weinender Baum entsprossen ist. Auch Geryones weint rotes Blut, wenn er des erschlagenen Verwandten aus dem Garten der Hesperiden gedenkt. Er hofft auf ein Erdbeben, welches die Schmach tilgen und die Erinnerung auslöschen soll.

DIE STIMME DES HIMMELSBOTEN

Sieht Atlantis nicht, wie am Himmel ein Flammenschwert droht? Zum Bereuen ist es zu spät. Himmel und Erde sind bereit, das Wort des Allmächtigen zu vernehmen – immerhin etwas.

DIE GÖTTLICHE STIMME

Diese meldet sich nicht selbst, sondern lässt sich durch den Chor vertreten. Zuviel wurde gesündigt. Der Herr ist gekränkt, weil seine Liebe missachtet wurde – die alte Leier. Atlantis wird verschwinden und Spaniens Söhne werden sich von nun an der Liebe des Herrn erfreuen.

DIE MEERENGE VON GIBRALTAR

Ohne Getöse läuft gar nichts. Herakles entfernt mit den Schlägen seiner Keule Afrika endgültig von Europa, und die Meerenge erweitert sich. Noch mehr Wasser findet Eingang in das Mittelmeer, damit es nicht austrocknet.

Der Chor schildert den welterschütternden Vorgang wie folgt: Und schon blitzt die Keule und fährt herab wie ein Komet in Flammen. Unaufhaltsam schlägt das wuchtige Werkzeug mit Riesenhieben die Erde wieder und wieder. Auch bildet sich ein gewaltiger Strudel im gewaltigen Ozean. Es stöhnt das Weltall, als ob man aus seinem Leibe das Herz herausreißen wolle. Ein Krampf befällt die Gipfel der Berge und Sturm und Blitze wühlen das Meer auf. Es öffnet sich die Erde, und Atlantis bebt vor Schrecken. Die Türme, die empor sich reckten, küssen den Meeresboden.

DIE ERSCHEINUNG DES ERZENGELS

Mit ein bisschen Verspätung erschein erneut ein Erzengel mit Flammenschwert. Er bietet einen kleinen Vorgeschmack auf das Jüngste Gericht, verschwindet dann aber wieder, weil seine Zeit noch nicht gekommen ist.

Nach der Theorie des Dichters fällt die Erweiterung der Meerenge von Gibraltar mit dem Versinken von Atlantis zusammen. Der Zuschauer darf aber davon ausgehen, dass Herakles die Öffnung der Meerenge nicht allein durchgezogen hat, sondern infolge höherer Einmischung durch Naturgewalten unterstützt wurde, die außerhalb seiner Kontrolle lagen.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Herakles noch eine weitere Heldentat vollbracht und so ganz nebenbei den Geryones erschlagen hat. Wie bereits erwähnt hatte dieser drei Köpfe, ausgestattet mit einer Bass- und zwei Tenorstimmen.

3. Teil:

Die Erdgeschichte hat zeitlich einen Sprung nach vorn getan. Von Isabella, der hehrsten aller Frauen, wird nun die Rede sein.

DER TRAUM DER ISABELLA

Die Königin von Spanien sitzt am Meeresufer und stickt eine kostbare Decke, auf der die Provinzen Spaniens versinnbildlicht sind. In weiter Ferne sieht sie immerzu neue Inseln aufsteigen. Ihr Instinkt sagt ihr, dass sie die Ländereien alle ihr gehören. Isabella verfolgt mit ihren Blicken eine Taube, die ihr einen Ring weggepickt hat und ins Meer fallen lässt. Die Wellen schlagen Kreise, die immer größere Ausmaße annehmen. Was hat das zu bedeuten?

Eine Hofdame berichtet, wie Isabella in der Alhambra nachts im Traum lag und der Engel von Spanien mit dem Glanz der Sterne unter seinen Fittichen ganz Granada bedeckte. Der Page, welcher ihr zuhört, fährt fort, dass sie ihre Hände faltete, wie nur Engelhände das tun. Sie hebt den Blick empor zu Fernando und beginnt mit ihrer Traumerzählung, die das reale Erlebnis des Tages widerspiegelt.

In des Morgens reiner Frühe, sah sie einer Taube Flug, der ihr Herz entzückte. Während draußen Liebesmädchen girrten, tönte leise aus dem ehemaligem Harem eines Engels Lobgesang. Und ihr Vorbild war der Marmor, als sie ein schönes Gewand stickte. Erregt bemerkte die Königin in den rötlichen Zweigen eine Nachtigall, die singend durch die Äste sprang und den schönen Morgen pries. Unbeschreiblich war die Stimme, dazu süß wie Blütenhonig. Ganz verzaubert von der Botschaft, ließ sie es geschehen, dass die Nachtigall ihr den Ring entwendete. Jenen Ring, von Maurenhänden produziert, Fernandos liebes Brautgeschenk. Es flog der Vogel in die Lüfte sowie ihr Herz, das mit ihm ging, denn nichts auf Erden war ihr so wertvoll als dieser Ring.

Über Lande, über Lande, folgt sie weit ihm bis an Meer. Als sie schwand am Himmelsrande war sie traurig und weinte sehr. Endlos flossen ihre Tränen. In des Weltmeers weite Wellen warf der Vogel ihren schönsten Ring, und Sylphiden und Undinen schnappten nach dem goldnen Ding. Und die Wesen kamen herbei, sangen heitre Hymnen und umwanden sie mit Laub.

Vor lauter Freude wachte Isabella auf. Gott sei gedankt für diesen schönen Traum. Den Sinn hat die Königin sogleich erfasst, und es ergeht Weisung an Christoph Columbus: Geht und sucht mir jenes Indien, nach dem das Herz so sehr verlangt. Sieh Kolumbus, hier die Perlen... ein Schiff zu rüsten, nimm sie hin! Ihre Stirn wird sie zukünftig mit duftendem Jasmin schmücken.

Die Hofdamen sind entsetzt. Von allem Gold und allem Geschmeide entblößt sich Isabella. Die Sonne strömt in die Kammer, und in den Sälen erstrahlt überirdisches Licht. Man könnte meinen, man sei im Paradies.

KOLUMBUS UND SEINE GEFÄHRTEN – DIE CARAVELLEN – DAS GEBET AUF DEM MEER – NACHT DER ERFÜLLUNG

Kolumbus sticht mit seinen Gefährten in See. Die heilige Jungfrau ist mit ihnen. Die Segel des Admiralitätsschiffes sind vom Winde gebläht. Meeresvögel durchfliegen den sternenbesäten klaren Himmel. Vom höchsten Punkt des Oberdecks von einer schwachen Laterne beleuchtet, beobachtet Kolumbus Himmel und Meer. Im schweigenden Dunkel der urtiefen Nacht wacht Christoph einsam in brennender Erwartung.

Beschreibung

Wenn ein Komponist achtzehn Jahre benötigt und sein Werk dann immer noch nicht fertig ist, kann man davon ausgehen, dass er entweder mit dem Sujet überfordert war, ihm die Inspiration ausging oder er ganz einfach keine Lust mehr hatte. Man muss es Ernesto Halffter hoch anrechnen, dass er nach dem Tod des verehrten Meisters sich des unübersichtlichen Materials annahm und versuchte, Ordnung zu schaffen. Die einzelnen Episoden, teils den erdgeschichtlichen Ereignissen der iberischen Halbinsel entnommen, wurden mit Titeln versehen und in eine Reihenfolge gebracht.

Im Prinzip geht es um die Glorie Spaniens. Vom Auftauchen der Pyrenäen ist die Rede und von der Ausformung der Felsen von Gibraltar durch Herakles. Atlantis, welches die Spanier gern an ihrer Südwestküste beheimaten, rutscht ins Wasser, und ein dreiköpfiger Drache treibt sein Unwesen. Die legendäre Königin Pirene, von Herakles betrauert, stirbt bei einem Waldbrand, und die Plejaden suchen sich eine neue Heimat am Sternenhimmel.

Als Realität darf die raffgierige Isabella nicht fehlen, die ihren Christobal mit Schmuck versieht, damit er mit dem Erlös Schiffe kaufen kann. Indien soll er suchen und Schätze heranschaffen.

Es bleibt den Chören überlassen, das Geschehen dem Publikum zu übermitteln, ein singender Erzähler unterstützt ihn. Zu Ende des Oratoriums sind die katalanisch singenden Jubelchöre dermaßen ermüdet, dass sie fast einschlafen.


Letzte Änderung am 28.12.2016
Beitrag von Engelbert Hellen