Hector Berlioz (1803-1869):

La Mort de Cléopâtre

deutsch Der Tod der Kleopatra

Allgemeine Angaben zur Kantate

Untertitel: Scène Lyrique
Untertitel deutsch: Lyrische Szene
Anlass: Beitrag zum Rompreis
Entstehungszeit: 1829
Uraufführung: 1. August 1829 am Institut de France (in einer Klavierfassung)
Besetzung: Sopran und Orchester
Spieldauer: ca. 25 Minuten
Verlag: Kassel: Bärenreiter, 1999

Zur Kantate

Text: P.-A. Vieillard
Sprache: französisch
Ort: Ägypten
Zeit: 30 v. Chr.

Hintergrundinformation

Kleopatra, die Siebente ihres Namens, ist durch die spektakuläre Art ihres Suizids seit über 2000 Jahren im Kollektivbewusstsein der Menschheit haften geblieben. Die darstellende Kunst hat die ägyptische Königin immer wieder aus der Versenkung geholt und die Malerei wurde nicht müde, ihren Freitod ästhetisch tadellos auf die Leinwand zu pinseln.

Auch Hector Berlioz gab sich alle Mühe, mit der Ptolemäerin seinen Triumphzug zu gestalten, um den begehrten Rompreis zu ergattern. Es klappte nicht. Der äußerst talentierte junge Musiker konnte nicht auf den ersten Platz aufrücken. Cherubini und Auber, die in der Jury saßen, hätten zugestimmt, doch Boieldieu gab Gegenwind. Obwohl die Nachwelt die Kleopatra-Kantate als absolutes Meisterwerk klassifiziert, verzichtete man im Jahr 1829 darauf, den ersten Platz zu besetzen, eine fragwürdige Entscheidung angesichts dieses Meisterwerks.

Beschreibung

Nun ist alles vorbei. Ihre Schande ist gewiss! Als Witwe des Antonius und als ehemalige Geliebte Cäsars ist sie der Gewalt Octavians nun ausgeliefert. Sie hat es nicht vermocht, seinem grausamen Blick zu begegnen, um sein Wesen zu betören. Sie wurde besiegt und nun ist sie entehrt. Vergeblich entweihte sie ihr düsteres Witwengewand. Noch einmal wollte sie den Glanz ihres Zaubers entfachen. Obwohl sie alle Geheimnisse der Liebeskunst erforscht hat, versagte sie. Die Fesseln ihrer Sklaverei hielt sie unter Blumen verborgen. Der Eroberer zeigte kein Entgegenkommen. Ihre zerschmetterte Größe schleppte sie vor seine Füße, und fließende Tränen netzten ihre Hände. Die Tochter des Ptolemäus musste die Schmach seiner Verweigerung ertragen.

Ach, wie fern sind die Tage, die nun ihr Gedächtnis heimsuchen. Venus nicht unähnlich zeigte sich ihr Spiegelbild, den Glanz von Cäsar und Antonius wiedergebend, in den Fluten des Cyndus. Mit der Niederlage in der Seeschlacht von Actium sank ihr Stern. Dem Eroberer, der sie von sich stößt, ist sie nun ausgeliefert. Ihr Zepter und ihre Schätze sind in seine Hände übergegangen. Sie besitzt noch ihre Schönheit, doch Octavians Verachtung hat vollkommener vermocht, ihre Niederlage zu besiegeln, als römisches Eisen.

Was muss sie im äußersten Unglück jetzt noch fürchten? Die Königin fühlt sich schuldig! Was hat sie sich selbst noch zu sagen? Darf sie sich gegen das Schicksal, welches sie zermalmt, auflehnen? Hat sie das Recht sich zu beklagen? Sie enttäuschte das Vertrauen ihres Gatten und entehrte sein Leben. Ihrer Unklugheit wegen ist Ägypten Rom nun unterworfen. Der alte Tempel der Isis ist zerstört. Welche Zuflucht bleibt ihr? Ohne Familie und ohne Land umfängt sie die ewige Nacht.

Werden die großen Pharaonen, wird der große Ptolemäus ohne in Zorn zu geraten einer unwürdigen Königin den ewigen Schlafplatz in den Pyramiden gönnen? Wahrscheinlich nicht, denn sie würde die Herrlichkeit dieser Grabstätte mit ihrer Anwesenheit entweihen. Mit Entsetzen würden die Könige im Herzen der Dunkelheit sich von ihr abwenden. Den Gatten hat sie entehrt, sein Schatten verfolgt sie! Ihretwegen sind die Götter aus Alexandria geflohen und der Tempel der Isis ist zerstört. Osiris ächtet ihre Krone und deshalb übergibt sie Typhon nun ihr Leben. Gegen das Los, welches sie fraglos befällt, wird ein giftiges Reptil ihre einzige Zuflucht sein. Von den Göttern des Nils fühlt Kleopatra sich betrogen. Octavian wird sie im Triumphzug an seinen Streitwagen ketten. Doch ein Rest von Stolz ist ihr geblieben. Die winzige Schlange, am Busen platziert, bietet den Ausweg aus dem Dilemma. Im Anblick des Todes wird die Königin Ägyptens ihres Gatten wieder würdig.


Letzte Änderung am 2.1.2008
Beitrag von Engelbert Hellen